KN online, 20.05.2019 - Bombenentschärfungen wie jüngst in Schwentinental sind Routine. Sie täuscht darüber hinweg, welchem Inferno die Menschen ausgesetzt waren. Bei der Feuerwehr Hohenfelde haben sich Berichte über Einsätze in Kiel aus den Jahren 1941 bis 1945 erhalten. Sie vermitteln einen Eindruck von der Zerstörung.
Hohenfelde Wehrführer Ludwig Fink hat einen Teil der Unterlagen ausgewertet, die seit 1945 von Wehrführer zu Wehrführer übergeben worden sind. Über 100 Seiten Dokumente sind erhalten. Zum Teil in Sütterlin handschriftlich niedergeschrieben oder mit Schreibmaschine.
Bis zu 150 Tote in einem Stollen
Nach einem Großangriff mit 752 B-17-Bombern auf Kiel rückte die Hohenfelder Feuerwehr am 3. April 1945 zur Brandbekämpfung aus. In der Caprivistraße wurde sie eingesetzt, um verschüttete Menschen zu bergen. 140 bis 150 Personen befanden sich in dem Stollen, dessen Eingang eine Sprengbombe zerstört hatte. Der Berichterstatter vermerkt, wie gefährlich die Bergung der Leichen war, weil sich in den Räumen kein Sauerstoff mehr befand.
"Flakfeuer erheblich stärker als bisher"
Einer der ersten Berichte vom 26. April 1941 bezeugt, dass die Fahrzeuge noch während eines Bombenangriffs unterwegs waren: „Wegen ständig über uns fliegender Feindflugzeuge musste die Anfahrt ohne Licht erfolgen. Das auf die anfliegenden Flugzeuge gerichtete Flakfeuer war erheblich stärker als bisher.“ Ludwig Fink brachte bei seinen Recherchen in Erfahrung, dass das Hohenfelder Löschfahrzeug damals mit einer Stahlplatte auf dem Dach ausrückte zum Schutz gegen Flak- und Bombensplitter.
NSDAP-Ortsgruppenleiter droht den Feuerwehrmännern
Auch vom 26. bis zum 28. August 1944 löschten die Hohenfelder brennende Häuser und bargen Leichen aus Kellern. Dabei kam es zu einem besonderen Vorfall. Als die Männer wegen eines erneuten Angriffs in einen Schutzraum liefen, bemerkten sie nicht, dass es nicht der ihnen zugewiesene war. Ein NSDAP-Ortsgruppenleiter beschimpfte die Feuerwehrleute daraufhin. „Ihr seid im Bunker und lasst unsere Häuser ruhig weiterbrennen“, sagte der Parteifunktionär, der selber Schutz im Bunker gesucht hatte. Brenzlig wurde es, als die Namen der Hohenfelder Männer und der Einheit notiert wurden. Der Irrtum hatte letztlich keine Konsequenzen.
62 Einsätze allein in 1944
Die Belastung der Hohenfelder Feuerwehr in den Kriegsjahren war enorm. Allein für 1944 zählte Ludwig Fink 62 Einsätze. Sie reichten von kurzfristiger Alarmbereitstellung bis hin zu mehreren Tagen, die die Einsatzkräfte mit Löscharbeiten in der Landeshauptstadt verbrachten. So auch um den 7. Juli 1944. Die Anfahrtsstraßen waren mit Bombentrichtern übersät, ein Durchkommen zum Sammelpunkt an der Lotsenstation unmöglich. Auf eigene Initiative begannen sie mit dem Löschen von fünfstöckigen Häusern in den Hummelwiesen, am Sophienblatt und im Königsweg.
In den Einsatzberichten ist auch ein Sinneswandel kurz vor Ende des Krieges abzulesen. Die frühen Berichte waren immer mit „Heil Hitler“ unterschrieben. Ab 1945 fehlt der Führergruß.
Wehrführer stirbt bei Tieffliegerangriff
Alle Hohenfelder Feuerwehrleute kamen heil oder nur leicht verletzt von den Einsätzen in Kiel zurück. Ausgerechnet ein Feuer in Plön brachte für einen von ihnen am 4. Mai 1945 doch noch den Tod. Auf dem Weg in die Kreisstadt zum Löschen geriet das Fahrzeug unter Beschuss eines alliierten Tieffliegers. Wehrführer Hans Geerdts wurde dabei tödlich getroffen. Eine Gedenktafel im Hohenfelder Gerätehaus erinnert an ihn.
Quelle: Hans-Jürgen Schekahn, Kieler Nachrichten